Programm 1. Halbjahr 2023
Alle Veranstaltungen - soweit nicht anders angegeben -
beginnen
um 19.30 Uhr im Hansehaus, Papenmarkt 2, 32423 Minden.
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Literarische Erinnerungskultur
"Die Beständigkeit der Erinnerung" (span. "La persistencia de la memoria"), auch "Die zerrinnende Zeit" oder "Die weichen Uhren" genannt,
ist das bekannteste Gemälde des surrealistischen Malers Salvador Dalì aus dem Jahr 1931. Ob gewollt oder nicht ist in diesem Gemälde
auch die wichtigste Grundlage aller erzählenden und lyrischen Literatur enthalten,
die nichts anderes ist als der ständige Versuch, die Erinnerung wach zu halten und sie vor dem Zerrinnen der Zeit,
dem Vergessen zu bewahren.
Eines der bekanntesten literarischen Meisterwerke literarischen Erinnerns ist Vladimir
Nabokovs Buch "Erinnerung, sprich", dessen erster Satz auf das Genaueste veranschaulicht, zwischen welchen Achsen
unsere Erinnerung verläuft, auch, wenn sie nicht klar benannt werden: "Die Wiege schaukelt über einem Abgrund,
und der platte Menschenverstand sagt uns, dass unser Leben nur ein kurzer Lichtspalt zwischen zwei Ewigkeiten
des Dunkels ist." Nabokov weiß, dass die Erinnerung immer zwischen der Vergangenheit und der Zukunft schaukelt,
denn sie spricht und kann auch immer nur aus der Gegenwart des Erzählers, des Schreibenden sprechen.
Dies lässt sich auch aus den Romanen und autobiographischen Spurensuchen herauslesen, die der Literarische Verein e.V. Minden
im ersten Halbjahr 2023 interessierten Büchermenschen und solchen, die es werden wollen, vorstellen möchte.
Mittwoch, 01. Februar 2023, Beginn: 19.30 Uhr
Bettina Flitner – Meine Schwester [Autorenlesung]
Als die Fotografin Bettina Flitner vor einigen Jahren vom Suizid ihrer geliebten Schwester erfuhr, waren die ersten Reaktionen Schock,
Lähmung und Verzweiflung. Doch dann entschied sie sich zum Erzählen. Das Ergebnis ist ein tief bewegender, meisterhafter Text,
ein Buch der Befreiung und eine mit voller Hingabe, Witz und Traurigkeit
erzählte Geschichte einer innigen Geschwisterbeziehung.
Mittwoch, 01. März 2023 , Beginn: 19.30 Uhr
Frank Witzel – Inniger Schiffbruch [Autorenlesung]
Richtig aufmerksam wurde man auf den Schriftsteller Frank Witzel erst 2015 als er für seinen 800-Seiten-Roman
Die Erfindung der Roten Armee-Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969 den Deutschen Buchpreis erhielt.
Die Beschäftigung mit dem Nachlass seines verstorbenen Vaters ruft im Erzähler von Frank Witzels autobiografisch-essayistischem
Roman Inniger Schiffbruch Erinnerungen an eine Kindheit in der Nahkriegsgesellschaft der neuen BRD wach. Im unentwegten Zweifel
am Wahrheitsgehalt der eigenen Erinnerungen zeigt sich Frank Witzel hier einmal mehr als ein so nahbarer wie begnadeter Erzähler.
Mittwoch, 05. April 2023, Beginn: 19.30 Uhr
Georgi Gospodinov – Zeit Zuflucht
In Georgi Gospodinovs Roman trifft der Erzähler auf Gaustine, einen Flaneur, der durch die Zeit reist.
In Zürich eröffnet Gaustine eine "Klinik für die Vergangenheit", eine Einrichtung, die Alzheimer-Kranken eine
inspirierende Behandlung anbietet: Jedes Stockwerk ist einem bestimmten Jahrzehnt nachempfunden.
Patienten können dort Trost finden in ihren verblassenden Erinnerungen. Aber auf einmal interessieren sich auch immer
mehr gesunde Menschen dafür, in die Klinik aufgenommen zu werden, in der Hoffnung, den Schrecken der Gegenwart zu entkommen.
Mit Zeitzuflucht ist Georgi Gospodinov, diesem großen europäischen Erzähler aus Bulgarien, ein atemberaubender Roman aus alten
Zeiten über das Heute geglückt.
Das Buch wird vorgestellt von Imina Ibrügger.
Mittwoch, 03. Mai 2023, Beginn: 19.30 Uhr
Christine Hoffmann – Alles, was wir nicht erinnern
Am 22. Januar 2020 macht sich die ehemalige Journalistin und heutige Erste Stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung
Christiane Hoffmann in einem Dorf in Niederschlesien zu Fuß auf den Fluchtweg ihres Vaters, der im Winter 1945
vor der Roten Armee in den Westen floh. Sie sucht nach der Geschichte und ihren Narben. Gleichzeitig ist es die Suche
einer Tochter nach ihrem Vater und seiner Geschichte, die auch sie geprägt hat.
Gisela Hirschberg-Köhler stellt diese autobiographische Spurensuche vor.
Mittwoch, 07. Juni 2023, Beginn: 19.30 Uhr
Lea Ypi – Frei
Lea Ypi, derzeit Professorin für Politische Theorie an der London School of Economics, wurde 1979 in Tirana, Albanien geboren.
In ihrem ersten Buch auf Deutsch erzählt sie in hinreißender Prosa von ihrem Erwachsenwerden im poststalinistischen
Albanien und in einer schillernden Familie, deren Geschichte eng mit der des Landes verwoben ist.
Frei ist ein fesselndes Memoir und eine scharfsinnige Reflexion über die Grenzen des Fortschritts und die Last der Vergangenheit.
Das Buch wird vorgestellt von Mechthild Krämer.
Mittwoch, 05. Juli 2023, Beginn: 19.30 Uhr
Sasha Marianna Salzmann – Im Menschen muss alles herrlich sein
In ihrem jüngsten Roman erzählt Sasha Marianna Salzmann von Umbruchzeiten, von der »Fleischwolf-Zeit« der Perestroika bis ins
Deutschland der Gegenwart. Sie erzählt, wie Systeme zerfallen und Menschen vom Sog der Ereignisse mitgerissen werden.
Dabei folgt sie vier Lebenswegen und spürt der unauflöslichen Verstrickung der Generationen nach, über Zeiten und Räume hinweg.
Vorgestellt von Agnes Kossack.
Für alle Veranstaltungen gilt:
Eintritt für Schüler und Studenten frei.
Bei Autorenlesungen und Gastvorträgen
für Gäste 8,00, für Mitglieder € 5,00.
Veranstaltungsort:
Hansehaus, Papenmarkt 2, 32423 Minden
Beginn 19:30 Uhr, Einlass ab 19:00 Uhr.
Literarische Abende
Die "Literarischen Abende" finden in der Regel am ersten Mittwoch eines Monats im "Hansehaus" in der Mindener
Altstadt statt. Je Halbjahr wird ein ausgewählter literarischer Schwerpunkt thematisiert.
Die "Literarischen Abende" sind öffentlich und stellen seit Beginn das Fundament des Vereins dar.
Hierzu werden immer wieder auch Autorinnen und Autoren eingeladen. Der Eintritt bei Autorenlesungen
ist für Schüler/Studenten frei.
Der Eintritt für Mitglieder beträgt 5 Euro, für Gäste 8 Euro.
Literarische Reise
Einmal jährlich organisiert der Verein eine Literarische Reise.
Näheres unter "Literaturreise"